Kennt die Medizin von morgen nur noch Kunden, Verkäufer und Konsumangebote?

Zahnärzteverband DAZ setzt sich mit Wandel des Arzt-Patienten-Verhältnisses auseinander

Köln, 25. August 2008

Der Medizinethiker Prof. Dr. Giovanni Maio, Leiter des Freiburger Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, konstatiert tief greifende Veränderungen im Selbstverständnis von Arzt und Patient sowie in der Beziehung beider zueinander. Bei der Gemeinschaftstagung des Deutschen Arbeitskreises für Zahnheilkunde (DAZ) und der Initiative Unabhängige Zahnärzte Berlin (IUZB) am 20.09.08 in Berlin stellt er seine Analysen und Schlussfolgerungen zur Diskussion.

An die Stelle des Patienten, der sich Hilfe suchend an seinen Arzt wendet, tritt mehr und mehr der fordernde Beitragszahler und Konsument, der Ansprüche geltend macht. Gleichzeitig wandelt sich der moderne Arzt zu einem Dienstleister, der sich nicht mehr nur um Krankheitsbehandlung kümmert, sondern zunehmend die Erfüllung persönlicher Wünsche anbietet, weil sich hier lukrative Geschäftsfelder auftun. Aus dem besonderen, von Vertrauen und Verantwortung geprägten Verhältnis zwischen Arzt und Patient wird ein verrechtlichtes und entpersonalisiertes Vertragsverhältnis zwischen Leistungsanbieter und Leistungsabnehmer. Dabei geht es insbesondere um Wünsche nach attraktiverem Aussehen, nach dem Kaschieren des Älterwerdens oder einer Steigerung der Leistungsfähigkeit. In vielen Fällen bewirken die angewandten chirurgischen, medikamentösen oder dentalkosmetischen Maßnahmen selbst dann, wenn sie gelingen, keine nachhaltige Verbesserung des Lebensgefühls. Denn die hinter dem Wunsch nach Veränderung stehenden Probleme wie der gesellschaftliche Konkurrenz- und Konformitätsdruck, ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper oder mangelndes Selbstbewusstsein lassen sich mit technischen Mitteln nicht beheben.

Der Freiburger Medizin-Ethiker kritisiert, dass Ärzte, statt die teilweise sogar gesundheitsfeindlichen Schönheits- und Leistungsideale kritisch zu reflektieren, die Orientierung auf diese Ziele noch verstärken durch entsprechende Leistungsangebote und mehr oder weniger offensive Werbung in dieser Richtung. Sie machen sich so „zum Erfüllungsgehilfen einer rastlosen Gesellschaft", die Sinn durch Äußerlichkeit und Konsum ersetzt.

Für viele Zahnärzte, insbesondere im Deutschen Arbeitskreis für Zahnheilkunde, sind kritische Überlegungen dieser Art nicht ganz neu. Dass mit der Anpassung an aktuelle Trends jedoch die Grundlagen des Arzt-Patienten-Verhältnisses und das grundlegende Selbstverständnis der Medizin in Frage gestellt werden, dürfte längst noch nicht jedem soweit klar sein, dass das eigene Verhalten entsprechend beeinflusst wird. Wohin führt die Reise der Medizin, welche Möglichkeiten hat der einzelne Arzt und Zahnarzt, weiterhin vertrauensvoll mit seinen Patienten zusammenzuarbeiten und ihr gesundheitliches Wohl an die erste Stelle zu setzen, ohne, als hoffnungsloser Idealist belächelt, mit seiner Praxis auf der Strecke zu bleiben?

Hierzu wird bei der Tagung am 20.09.08 während der Vormittagsveranstaltung Referent Prof. Maio Vorschläge machen, und hierzu gibt es seit einigen Jahren Konzepte und Aktivitäten im Projekt Qualitätssicherung des DAZ, das am Nachmittag im Rahmen der DAZ-Hauptversammlung auf der Tagesordnung steht. Alle Interessierten sind herzlich zu der Tagung eingeladen. Ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben; Zahnärzte erhalten am Vormittag drei Fortbildungspunkte. Nähere Informationen liefern die DAZ-Geschäftsstelle und der beigefügte Flyer.

V.i.S.d.P.                                Dr. Celina Schätze, stellv. DAZ-Vorsitzende

Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde
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