Chancen und Risiken neuer Vertragsstrukturen

Zahnärzte diskutieren über die Integrierte Versorgung

Bonn/Köln, 12. Mai 2006

Neue Erkenntnisse der Neurobiologie zur Schmerzverarbeitung sowie ein neues Vertragsmodell zur Integrierten Versorgung unter zentraler Beteiligung der Zahnmedizin standen im Mittelpunkt der Frühjahrstagung der zahnärztlichen Verbände Vereinigung Demokratische Zahnmedizin (VDZM) und Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) am 6. und 7. Mai 2006 in Frankfurt/Main. Vorgestellt wurde das Modell zur Integrierten Versorgung, an dem als erste Krankenkasse die AOK-Bayern teilnimmt, durch den AOK-Vorstandsvorsitzenden in Bayern, Dr. Helmut Platzer . In der anschließenden Podiumsdiskussion brachten unter Moderation von Dr. Heiner Schleithoff (VDZM) die Podiumsteilnehmer Dr. Platzer, Dr. Ulf Utech (KZV-Vorsitzender in Hessen), Dr. Josef Leiter (einer der Initiatoren und Entwickler des Modells) und Dr. Volkmar Lehrke (stellvertretender DAZ-Vorsitzender) ihre sehr unterschiedlichen Standpunkte zu dem neuen Versorgungsangebot zum Ausdruck. Der bayerische Vertrag wurde auf Grundlage der seit 2004 geltenden Gesetzgebung zu Integrierten Versorgungsstrukturen entwickelt (§ 140 SGBV). Gemäß diesen gesetzlichen Vorgaben ist er außerhalb der KZVen angesiedelt; die Abrechnung übernimmt eine Managementgesellschaft. Neben den Zahnärzten gehören eine Reihe weiterer Fachdisziplinen zu der Integrierten Versorgung. Vorsehen ist die Kooperation mit Kinderärzten, Gynäkologen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, Mund-, Kie-fer-, Gesichts-Chirurgen, Physiotherapeuten und verschiedenen Kliniken und Beratungseinrichtungen. Die teilnehmenden Versorgungspartner verpflichten sich auf definierte Qualitätsstandards, die die gesetzlichen übersteigen, und erhalten dafür vereinbarte Honorarzuschläge. Die Möglichkeit, über Vertragsmodelle die seit langer Zeit von beiden Verbänden angestrebte Einführung von Qualitätskriterien in die Honorierung der Leistungen realisieren zu können, wurde all-gemein begrüßt. Verbunden wurde dies mit der Erwartung, über Modelle außerhalb der KZVen diese zu qualitätsorientierten Reformen bewegen zu können. Die Ausgestaltung der Verträge wurde in mehreren wichtigen Punkten kritisiert und diskutiert. Grundsätzliche Kritik wurde an der Etablierung von Vertragsstrukturen außerhalb der KZVen geäußert. Sehr eindringlich wurde die Gefahr beschworen, dass alternative Vertragsformen auf lange Sicht die KZVen zerstören und die Zahnärzte und die Zahnheilkunde der Marktmacht der Krankenkrassen und den Launen der Politik ausliefern könnten. Trotz der ernst zu nehmenden Gefahren war die Mehrheit der Tagungsteilnehmer geneigt, die Chancen zu sehen und das bayerische Projekt, das zunächst eine Pilotphase durchlaufen wird, mit Aufgeschlossenheit zu beobachten. Einig waren sich Befürworter und Gegner der Integrierten Versorgung, was die Bedeutung des Themas betrifft. Da der Gesetzgeber mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen etablieren will, sind Zahnärzte und andere Heilberufler gut beraten, sich frühzeitig mit Integrierten Versorgungsmodellen und anderen neuen Versorgungsstrukturen auseinanderzusetzen. V.i.S.d.P.: Dr. Kristina Schwigon, Vorsitzende der VDZM Dr. Celina Schätze, Stellvertretende Vorsitzende des DAZ