Vierter Anlauf zu einem Präventionsgesetz:

Vierter Anlauf zu einem Präventionsgesetz:

Troisdorf, 29. März 2015

Nach mehreren erfolglosen Versuchen von Vorgänger-Regierungen hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe erneut einen Entwurf für ein Präventionsgesetz vorgelegt. Wie die 1. Lesung im Bundestag am 20.03.2015 zeigte, stößt das Vorhaben grundsätzlich auf breite Zustimmung. Allerdings gibt es auch Kritik und Alternativ- oder Ergänzungsvorschläge.

VDZM fordert neuen § 20h SGB V „Förderung der Mundgesundheit“

Die Vereinigung Demokratische Zahnmedizin (VDZM) hat sich speziell mit den Möglichkeiten von Mundgesundheitsförderung / zahnmedizinischer Prophylaxe bei Patientengruppen beschäftigt, die aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung, Bildungsdefiziten oder sozialen Mängeln nur unzureichend oder gar nicht zu Eigenvorsorge in der Lage sind.

Wie schon bei der gemeinsamen DAZ-VDZM-Frühjahrstagung zur „Mundgesundheit Pflegebedürftiger“ im Mai 2013 mit einem Expertenkreis diskutiert, kann die präventionsorientierte Betreuung dieser Patienten nur bei fach- und institutionenübergreifender Zusammenarbeit gelingen. Sie erfordert – neben Diagnostik und ggf. Therapie durch Zahnärzte – Maßnahmen und Aktivitäten, die im heimischen Umfeld des Patienten stattfinden und nicht von Zahnärzten durchgeführt werden, die jedoch aus zahnärztlich-fachlicher Sicht unbedingt zu unterstützen sind und zu deren Entwicklung und Institutionalisierung Zahnärzte und ihre Organisationen wichtige Beiträge leisten können.

Die VDZM-Autoren haben ihre Vorstellungen in einer detaillierten Stellungnahme zusammengefasst und – in Anlehnung an das positive Beispiel der bundesweit etablierten zahnmedizinischen Individual- und Gruppenprophylaxe für Kinder und Jugendliche – Struktur- und Finanzierungsvorschläge gemacht.

Lesen Sie selbst weiter auf der VDZM-Website.

 

Der Opposition geht das Präventionsgesetz nicht weit genug

Wie verschiedene Medien berichten, stieß der neue Vorschlag für ein Präventionsgesetz bei allen im Bundestag vertretenen Parteien auf grundsätzliche Unterstützung. Dass „Mehr Gesundheit“ ein Gewinn für den Einzelnen wie für die Gesellschaft ist und es z.B. gilt, Risikofaktoren wie mangelnde Bewegung, unausgewogene Ernährung, Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum oder chronische Stressbelastungen zu reduzieren und Folgekrankheiten zu vermeiden, war allerdings auch schon bei früheren Entwürfen nicht umstritten. Diskutiert wurden jedoch die grundlegenden Ansätze sowie die Effektivität und Finanzierung der vorgesehenen Maßnahmen und Strukturen. Nicht zuletzt hält die Opposition verstärkte Forschungsanstrengungen für nötig, um Präventionsangebote noch besser auf den Bedarf abzustimmen.

Für die Fraktion DIE LINKEN äußerte Birgit Wöllert Zustimmung zu einigen Aspekten des Entwurfs:

1) zur Hinwendung zum Ansatz der Gesundheitsförderung in Lebenswelten.
2) zur deutlichen Erhöhung der Finanzierungsmittel.
3) zur Einbeziehung der Pflege in die Prävention.
4) zur Ausweitung der Leistungen für Hebammen.

Dem gegenüber hob sie folgende Mängel hervor:

1) Der Entwurf sei nicht geeignet für die Reduzierung sozialer Ungleichheiten.
2) Nicht alle Sozialversicherungsträger würden beteiligt.
3) Die vorrangige Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei zu einseitig.
4) Dem Entwurf läge ein überholtes Verständnis von Prävention zugrunde.
DIE LINKEN brachten einen eigenen Antrag ein – BT-Drs._18-4322 -, der insbesondere auf die Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit abzielt.

Auch DIE GRÜNEN legten einen Antrag vor – BT-Drs._18-4327 -, in dem sie „Gerechtigkeit und Teilhabe durch ein modernes Gesundheitsförderungsgesetz” forderten. Hier einige Passagen aus der Einleitung:
„… Zudem beeinflusst die soziale Lage unser Wohlergehen. Geringe Bildung sowie geringes Einkommen, schlechte Wohnverhältnisse und fehlende soziale Teilhabe wirken sich negativ auf unsere Gesundheit aus. Wer weniger hat, stirbt früher: In Deutschland sterben ärmere Männer 10,8 Jahre früher als Wohlhabende; bei Frauen beträgt der Unterschied 8,4 Jahre. Um der bestehenden sozialen Ungleichheit von Gesundheitschancen entschieden entgegen zu wirken, kommt guter Gesundheitsförderung eine besondere Bedeutung zu.
Gesundheitsförderung setzt darauf, die Kompetenzen, das Selbstwertgefühl und die Selbstachtsamkeit der Menschen zu steigern und die aktive Teilhabe und Teilnahme an der Gestaltung der eigenen Umwelt zu ermöglichen. Gesundheitsförderung umfasst somit die nichtmedizinische, ganzheitliche individuelle und soziale Primärprävention und stößt Veränderungsprozesse mit allen Beteiligten dort an, wo sie leben, lernen und arbeiten. Das Ziel ist, das Wohlbefinden zu steigern, Gesundheitsrisiken zu reduzieren und damit letztendlich Krankheiten zu vermeiden. …“

Kritik auch von ärztlicher Seite

Nicht nur der Opposition, auch der Ärzteschaft geht – so berichtet das Portal www.gerechte-gesundheit.de – der Entwurf nicht weit genug. Die Vorstände von Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) verlangen eine stärkere Einbindung von Ärzten. Ärzte seien die wichtigsten Ansprechpartner in Präventionsfragen. Sie erreichten Patienten aller gesellschaftlichen Schichten und könnten diese auf eine Veränderung von Verhaltensweisen und zur Wahrnehmung gesundheitsförderlicher Angebote ansprechen.

Leistungen und Finanzierung

Laut Gesetzentwurf sind Gesundheitsförderung und Prävention auf jedes Lebensalter und in alle Lebensbereiche auszuweiten. Die Krankenkassen sollen statt bislang 3,09 Euro pro Versicherten und Jahr ab 2016 7 Euro für Gesundheitsförderung ausgeben und damit ihre Leistungen mehr als verdoppeln. Bis zum 18. Lebensjahr steht Jugendlichen eine zusätzliche Gesundheitsuntersuchung zu. Für Bewohner von Pflegeheimen sind Rehabilitationsleistungen vorgesehen. Auch die Impfangebote sollen ausgeweitet werden. Zusammen mit dem Beitrag der Pflegekassen werden den Plänen zufolge künftig rund 511 Mio. Euro im Jahr für präventive und gesundheitsfördernde Leistungen bereitgestellt. Im Rahmen einer Nationalen Präventionskonferenz sollen sich die Sozialversicherungsträger unter Beteiligung des Bundes, der Länder, Kommunen und Sozialpartner auf ein Vorgehen verständigen.

Quellen:
http://www.gerechte-gesundheit.de/news/aktuell/detail/news-eintrag//1631.html
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA150300678&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

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