In egalitären Gesellschaften lebt man gesünder

Gleichheit ist Glück: Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind

9. März 2015

Die britischen Forscher Richard Wilkinson und Kate Pickett haben den Zusammenhang zwischen Gleichheit bzw. Ungleichheit der Besitzverhältnisse in entwickelten Gesellschaften und zahlreichen Problemfeldern untersucht. Ihr Fazit aus der Analyse von empirischen Daten aus mehreren Ländern und Jahrzehnten: Oberhalb eines gewissen Mindestniveaus hängen wichtige Parameter – wie die geistige Gesundheit oder der Drogenkonsum der Mitglieder einer Gesellschaft, die Lebenserwartung, Gesundheit, Übergewicht, Bildung, die Geburtenrate bei Minderjährigen, die Verbrechensrate, die soziale Mobilität – stärker als vom Durchschnittseinkommen davon ab, wie gleich bzw. ungleich die Ressourcen und somit Chancen in dieser Gesellschaft verteilt sind. Dass Geringverdiener bzw. Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen tendenziell kränker sind und eine geringere Lebenserwartung haben als Gutsituierte, ist für Deutschland hinlänglich belegt. Auch für die Zahnmedizin konnte ein enger Zusammenhang zwischen oralen Erkrankungen und Einkommen bestätigt werden. Welche Rolle jedoch die – offensichtlich wachsende – Ungleichheit für die Gesundheit spielt, ist dagegen weniger ein Thema. Tatsächlich lässt sich eine solche Fragestellung auch nicht punktuell und nur auf Deutschland bezogen untersuchen sondern nur mithilfe des Vergleichs empirischer Daten aus verschiedenen Ländern und Zeiträumen.

Laut den Studien von Wilkinson und Pickett steht Großbritannien unter den entwickelten Ländern hinsichtlich der Ungleichverteilung des Reichtums besonders schlecht da. Die beiden Forscher wollten dies nicht nur dokumentieren sondern zugleich Anstöße zur Veränderung der Situation geben. Zusammen mit ähnlich Gesinnten gründeten sie 2009 den „Equality Trust“, der sich stark macht für die Erforschung der Folgen der ökonomischen Ungleichheit und der zugleich Kampagnen und politische Aktivitäten zu Gunsten der Herstellung von mehr Gleichheit betreibt.

Wer in Deutschland gesunde Lebensbedingungen für Alle erreichen will, tut gut daran, auch die Besitzverteilung mit in den Blick zu nehmen. Hohe leistungslose Gewinne auf der einen Seite fehlen auf der anderen Seite bei denen, die Leistungen erbringen. Diese Ungleichheit wird als ungerecht empfunden und wirkt destruktiv auf den sozialen Frieden und die Gesundheit der Menschen. Ungleichheit hat hohe Kosten und letztlich Nachteile für Alle. Zugleich fehlen bei solch einseitiger Verteilung dem Staat und den Solidarsystemen Mittel, die zur Finanzierung von medizinischer Forschung, Krankenbehandlung, Bildung usw. dringend erforderlich wären.

Die auch für Deutschland durchaus interessanten Überlegun-gen von Wilkinson und Pickett sind nachzulesen in ihrem Buch
„Gleichheit ist Glück: Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind“
Verlag Haffmans & Tolkemitt 2013
ISBN 978-3-942989-38-1
(englischer Titel: „The Spirit Level: Why more equal societies almost always do better“)

Irmgard Berger-Orsag, Troisdorf (FORUM FÜR ZAHNHEILKUNDE 120, S. 20)