Der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde nimmt den weltweiten Aktionstag der Vereinten Nationen gegen Armut zum Anlass, niedrigschwellige medizinische und zahnmedizinische Prophylaxe- und Therapieangebote zu fordern, die gerade den ärmeren Schichten zugute kommen – auch in Deutschland.
Vorrangig soll der Aktionstag auf die Armut in unterentwickelten Ländern hinweisen. Jedoch gilt der UN-Appell auch einem reichen Land wie unserem. Einkommensschwache Menschen sind in Deutschland nicht nur ein Stück weit abgekoppelt von Bildungs- und Konsummöglichkeiten, sondern sie haben auch einen erschwerten Zugang zur gesundheitlichen Versorgung – bei gleichzeitig erhöhter Morbidität.
Was den zahnmedizinischen Bereich anlangt, konnte in den vergangenen Jahrzehnten durch gruppenprophylaktische Betreuung in Kindergärten und Schulen, durch Fluoridierungs- und Versiegelungsmaßnahmen, durch moderne minimalinvasive Behandlungsmethoden usw. die Karies wesentlich zurückgedrängt und der Anteil der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit kariesfreiem Gebiss gesteigert werden. Jedoch profitieren nicht alle von dieser Entwicklung. Nach wie vor häufen sich bei Menschen aus schwierigen sozialen und finanziellen Verhältnissen die Zahnprobleme, die keineswegs als Bagatellen abgetan werden dürfen. Insbesondere bei frühem Auftreten haben Zahnerkrankungen vielfach nachhaltige negative Folgen für das weitere Leben. Beispielsweise belasten und schädigen andauernde Zahnentzündungen das Immunsystem. Frühe Zahnverluste, auch bei Milchzähnen, beeinträchtigen u.U. die Gebiss- und Sprachentwicklung. Fehlende und schadhafte Zähne im sichtbaren Bereich stören die Ästhetik – mit Folgen für soziale Kontakte und seelisches Wohlbefinden.
Zur Abhilfe dienen – neben direkter Armutsbekämpfung und Hebung des Bildungsniveaus – Ausbau und Weiterentwicklung der zahlreichen schon existierenden oralpräventiven Ansätze. Beispielhaft seien folgende Handlungsfelder genannt:
– Die Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen muss weitergeführt statt zurückgefahren, Maßnahmen für Risikogruppen müssen verstärkt werden und insbesondere den Kindern zugute kommen, deren Gesundheit im Elternhaus nicht gefördert wird. Die Einführung des Gesundheitsfonds darf diese Aktivitäten nicht gefährden.
– Prävention und Früherkennung müssen bereits im Säuglings- und Kleinkindalter ansetzen. Der Unterstützung bedürfen insbesondere die Familien, die sich nicht um gesundheitliche Belange kümmern. Wenn derzeit – als Reaktion auf einige spektakuläre Fälle von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung – frühe Hilfen für überforderte Familien etabliert werden, sollte die Förderung der Zahn- und Mundgesundheit der Kinder gleich als ein wichtiger Aspekt mit in die Hilfsprogramme integriert werden.
– Nicht nur am Anfang, auch am Ende des Lebens haben einkommensschwache Menschen geringere Chancen auf eine angemessene gesundheitliche Versorgung. Die Unzulänglichkeit der zahnmedizinischen und zahnprophylaktischen Betreuung pflegebedürftiger Menschen ist bekannt, verschiedene Programme zur Verbesserung der Situation sind erprobt. Die Finanzierung über Kranken- und Pflegeversicherungen ist auszubauen, damit auch weniger betuchte Menschen im Alter von den Hilfen zur Erhaltung der Mundgesundheit profitieren.
– Die Privatisierung aller zahnmedizinischen Leistungen ist abzulehnen, da sich – mangels Härtefallregelung – die ärmeren Schichten in diesem Fall vermutlich nicht einmal mehr eine einfache zahnerhaltende und zahnprothetische Versorgung leisten könnten.
In Deutschland gibt es gute Chancen zur Förderung der Mundgesundheit für alle, ob arm oder reich!
Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) e.V.
Irmgard Berger-Orsag
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