Kommt die nächste Gesundheitsreform von "unten"?

Zahnärzte aus DAZ und VDZM diskutierten Projekte der Integrierten Versorgung mit Securvita-Chef Dr. Ellis Huber

Bonn/Köln, 4. Mai 2005

Modelle der Integrierten Versorgung und die Möglichkeiten lokaler Zusammen-schlüsse zur Realisierung einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen gesundheitlichen Versorgung im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung waren Thema auf der diesjährigen Frühjahrstagung der Zahnärzteverbände Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) und Vereinigung Demokratische Zahnmedizin (VDZM) in Frankfurt/Main. Zum Auftakt der Tagung analysierte der ehemalige Präsident der Berliner Ärztekammer und heutige Vorsit-zende der Betriebskrankenkasse Securvita, Dr. Ellis Huber, die Krise des deutschen Gesundheitswesens. Im Zuge härter werdender gesellschaftlicher Verteilungskämpfe degeneriert das Gesundheitswesen zum Spiel-ball mächtiger Interessengruppen. Das Ziel, Gesundheit zu erhalten oder wieder herzustellen, wird zweitran-gig. An die erste Stelle rückt das Geschäft mit der Krankheit, wobei die kranken Menschen und die ernsthaft engagierten Ärzte, Pflegekräfte usw. die Benachteiligten sind. Abhilfe erwartet Huber, der in früheren Jahren immer wieder durch grundsätzliche Kritik und spektakuläre Vorschläge von sich reden machte, weniger von großen politischen Reformen sondern von kleinen lokalen Modellen, innerhalb derer effiziente Formen der Kooperation der verschiedenen Akteure und eine neue "Kultur des Heilens" entwickelt werden können. Basis solcher Zusammenschlüsse ist ein Katalog ethisch fundierter Grundsätze und die Zusage bedarfsentsprechender qualitätsgesicherter Behandlung. Die Honorie-rung der von den Beteiligten erbrachten Leistungen kann abweichend von den sonst geltenden, in erster Li-nie mengenorientierten Honorarsystemen stärker aufwands- und qualitätsbezogen gestaltet werden. Zugleich kann in den selbst organisierten Versorgungsmodellen ganzheitlich und interdisziplinär vorgegangen und die Dominanz von Pillen und Apparaten durch Methodenvielfalt ersetzt werden. Insbesondere gilt es, Verfahren zur Stärkung der Selbstheilungskräfte und die heilenden Potentiale zwischenmenschlicher Beziehungen – gerade auch der Arzt-Patient-Beziehung – zu nutzen und entsprechend aufzuwerten. Lange Jahre konnte man von solchen Modellen nur träumen, aber inzwischen haben sie in § 140 SGBV über Integrative Versorgung eine gesetzliche Grundlage. DAZ und VDZM beurteilen freiwillige Qualitätssicherungs-Anstrengungen der Beteiligten als effektiver als bürokratische Kontrollen von außen. Die Verpflichtung auf gemeinsame ethische Grundsätze, Solidarität und Verantwortungsgefühl innerhalb überschaubarer Gruppen und ein qualitätsorientiertes Honorarverteilungs-system bieten die Chance, die galoppierende Kommerzialisierung der Medizin zu stoppen. Im In- und Ausland gibt es im ärztlichen Bereich bereits viele integrierte Versorgungsangebote unterschied-licher Art. Der DAZ hat ein "Projekt Qualitätssicherung" initiiert, das den Patienten in den Mittelpunkt des Ge-schehens rückt und viele Elemente der von Ellis Huber beschriebenen integrierten Versorgung enthält: Transpa-renz, Vertrauen und eigenständige Organisation. Auch wenn viele Zahnärzte der Integrationsidee skeptisch gegenüber stehen, will man sich in DAZ und VDZM weiter damit beschäftigen. Denn die ständigen Krisen des schwerfälligen Tankers Gesundheitswesen, in dem immer mehr Regelwerke die Probleme weniger lösen als verschärfen, drängen zur Suche nach Alternativen. Überschaubare sich selbst steuernde integrierte Versorgungseinheiten könnten eine solche Alternative sein. V.i.S.d.P.: Dr. Kristina Schwigon, Vorsitzende der VDZM Dr. Eberhard Riedel, Vorsitzender des DAZ

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