Fluoride - wohldosiert ein Segen für die Zähne

DAZ nimmt Stellung zu belgischer Gesetzesinitiative

Köln, 16. August 2002

Seit über 50 Jahren werden in fast allen Ländern zum Schutz der Zähne vor Karies Fluoride, Salze des Halogens Fluor, eingesetzt. Zahlreiche Studien dokumentieren seither Wirkungen und Nebenwirkungen der Fluoride.

"Fluor-Verbot in Belgien" – so ging es Ende Juli 2002 durch die Presse. Als Begründung wurden ein Ansteigen von Fluorose und Osteoporose sowie angebliche neue Fakten über Fluoridrisiken genannt. Dahinter standen jedoch offenkundig nicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern die alten emotionalen Argumente aus der Fluoriddiskussion der 80er Jahre.

Tatsache ist – belegt zuletzt durch eine Untersuchung von Carvalho et al. – , dass milde Symptome der Fluorose zwischen 1983 und 1998 in Belgien von 5% auf 30% zugenommen haben. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Anteil kariesfreier 12Jähriger von 4% auf 50%. Man muss hier abwägen, was die Vermehrung einzelner weißer Flecken, die keinen gesundheitlichen Schaden und meist auch keine ästhetische Beeinträchtigung darstellen, gegenüber der Vermeidung schwarzer schmerzhafter Karieslöcher bedeutet. Karies schädigt den Zahn irreversibel und führt oft genug zu frühem Zahnverlust, mit allen bekannten gesundheitlichen und finanziellen Folgen. Was die Osteoporose anlangt, so gibt es keine Belege für ihre Zunahme in Belgien, ebenso wenig wie für einen Kausalzusammenhang zu Fluoridierungsmaßnahmen. Bekannt ist dagegen, dass Fluorid die Knochendichte verbessert und in der Therapie der Osteoporose eingesetzt wird – allerdings in sehr hohen Dosen, weit oberhalb der für die Kariesprophylaxe gebräuchlichen Mengen.

Der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ), ein zahnärztlicher Berufsverband, begrüßt es, dass die deutschen Medien nicht mit Sensationsmeldungen über "giftiges" Fluor das "Sommerloch" zu stopfen versuchten, sondern mit sachlichen Darstellungen reagierten. Das ist ein Indiz dafür, dass die Aufklärungsarbeit der vergangenen Jahrzehnte, an der auch der DAZ tatkräftig mitgewirkt hat, Früchte trägt.

Bei der belgischen Initiative gilt es zu beachten, dass sie sich nicht auf alle Formen der Fluoridierung bezieht, z.B. nicht auf fluoridhaltige Kosmetika, zu denen Fluoridzahnpasta gehört, sondern auf Fluoridtabletten, -Tropfen und fluoridierte Kaugummis. Diese Dinge gelten in unserem Nachbarland als Lebensmittel-Ergänzungsstoffe. Ziel von Gesundheitsministerin Aelvoet war auch nicht, Fluoridtabletten zu verbieten, sondern sie verschreibungspflichtig zu machen.

Nicht zuletzt sollte der belgische Vorstoß auch die Vereinheitlichung in Europa ein Stück vorantreiben. Diese Harmonisierung steckt bisher noch in den Kinderschuhen. Z.B. gibt es Länder mit fluoridiertem Speisesalz, andere mit Trinkwasserfluoridierung. In Belgien sind Fluoridtabletten eine Nahrungsergänzung, in Deutschland ein Arzneimittel. In Deutschland muss bei einem Fluoridgehalt ab 1,5 ppm angegeben werden, dass es sich um ein fluoridhaltiges Mineralwasser handelt; in Belgien braucht selbst bei einem Fluoridanteil von über 9 ppm kein Hinweis zu erfolgen.

Zwar bedeutet die bisherige Situation keine Gesundheitsgefährdung der Menschen. Jedoch ist es angesichts der Vielzahl möglicher Fluoridquellen und des zunehmenden Austausches innerhalb der EU auch aus DAZ-Sicht wünschenswert, das systemische Fluoridangebot besser einschätzbar und exakter dosierbar zu machen und sich europaweit abzustimmen. Hierfür schlagen wir vor:

  • Keine Addition sämtlicher einzelstaatlicher Regelungen, sondern Beschränkung der europäischen Regelung auf wenige systemische Fluoridquellen
  • Fluorid als Lebensmittelzusatz nur im Speisesalz
  • Abgabe von Fluoridtabletten nur als verschreibungspflichtiges Arzneimittel
  • Fluorid-Obergrenze von 2 ppm für Mineralwässer

Verhindert werden muss, dass die Bevölkerung erneut verunsichert wird und Fluoridierungsmaßnahmen unterläßt. Denn gerade den Fluoriden verdanken wir einen großen Teil des erfreulichen Kariesrückgangs der letzten zwei Jahrzehnte. Diesen Fortschritt sollten wir nicht aufs Spiel setzen.