Pressemitteilung zur geplanten Änderung der Muster-Weiterbildungsordnung

“Die Bundeszahnärztekammer muss umgehend Farbe bekennen”

München, 17. Juni 2008

Fatale Folgen für die Versorgung der Patienten und die Kosten im Gesundheitswesen erkennt der Vorstand des Deutschen Arbeitskreises für Zahnheilkunde (DAZ) für den Fall einer Änderung der Muster-Weiterbildungsordnung in Richtung weiterer künstlicher Spezialisierungen, insbesondere über den Erwerb postgradualer Zusatzqualifikationen. Erklärte gemeinsame Absicht von Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund-, und Kieferheilkunde (DGZMK) und der Vereinigung der Hochschullehrer ist es jedoch, auf der nächsten Bundesversammlung der BZÄK im Herbst 2008 eine Änderung der Muster-Weiterbildungsordnung für Zahnärzte zu beschließen, durch welche neue eigenständige Fachzahnarztgebiete etabliert werden sollen.

Eine beabsichtigte ‚Klarstellung‘ durch den BZÄK-Vizepräsidenten Dr. Dietmar Oesterreich schuf allerdings bislang nur noch mehr Verwirrung. Er sprach sich kürzlich entgegen der bisherigen Zielsetzung seines Hauses gegen weitere Fachzahnarztgebiete und für die Stärkung des Generalisten aus.
 
„Die Bundeszahnärztekammer muss nun umgehend Farbe bekennen" forderte daher der Vorsitzende des DAZ, Dr. Eberhard Riedel, in München. Es könne nicht sein, dass die BZÄK die zahnärztliche Öffentlichkeit über ihre wahren Zielsetzungen für die Zahnärzteschaft derart im Unklaren hält. Es ist davon auszugehen, dass in puncto postgradualer Spezialisierungen die BZÄK die breite Mehrheit der Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland gegen sich hat, welche es nicht hinnehmen werden, bei derart einschneidenden Veränderungen ihrer Berufsausübung faktisch übergangen zu werden. Diese Majorität der Zahnärzte, die ihre Patienten umfassend behandeln wollen und können, zählen genauso wenig zu den Nutznießern weiterer Fachzahnarztgebiete wie die allermeisten Patienten, die sich eine teure Spezialbehandlung in der Regel nicht leisten wollen oder können. Nutznießer sind vielmehr im Wesentlichen die Anbieter postgradualer Spezialisierungen, die außerhalb der normalen Studiengänge zusätzlich beschäftigten Hochschullehrer sowie die Dentalindustrie. Insbesondere vor diesem Hintergrund ist eine „Politik der offenen Karten" seitens der BZÄK mehr denn je vonnöten.
 
Eindringlich warnt der DAZ vor den Folgen einer weiteren Zergliederung der zahnärztlichen Berufsausbildung, sollten sich die Landeszahnärztekammern jemals an einer solchen Muster-Weiterbil­dungsordnung der BZÄK orientieren. Wenn es das Ziel ist, die flächendeckende zahnärztliche Versorgung in Zukunft schwerpunktmäßig nur noch in Spezialistenpraxen durchführen zu lassen, wird die eigentliche, zur tatsächlichen Berufsbefähigung führende Ausbildung erst nach dem Studium erfolgen. Darunter würde zwangsläufig die reguläre universitäre Ausbildung leiden, die dann nur noch Zahnmediziner produziert, die über eine lediglich theoretische Berufsbefähigung verfügen. Gleichzeitig müssten diese Zahnmediziner jeweils Fachzahnarztbefähigungen postgradual gegen viel Geld erwerben, was wiederum zwangsläufig eine erhebliche Verteuerung der zahnärztlichen Leistung zur Folge haben wird. Dieses kann gesamtgesellschaftlich jedoch kein ernsthaftes Ziel sein.

Nach den Vorstellungen des DAZ ist der Königsweg zur Verbesserung der zahnärztlichen Befähigung eine wesentlich intensivere universitäre Ausbildung im Rahmen des Regelstudiums, für die den Universitäten erheblich mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss als bisher. Der Zahnarzt, der die Universität nach 11 Semestern verlässt, muss mit dieser Ausbildung und weiteren lebenslangen berufsbegleitenden Fortbildungen in der Lage sein, in sämtlichen Teilgebieten der Zahnmedizin verantwortlich zu behandeln. Der DAZ steht auf dem Standpunkt, dass Spezialisten nur bei wenigen besonders schwierigen Einzelfällen benötigt werden, während die alle Teilgebiete überschauende Behandlung durch den Generalisten die Regel bleiben muss. Nur so ist es möglich, mit den begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen effektiv und effizient umzugehen.

V.i.S.d.P.             Dr. Eberhard Riedel, München, Vorsitzender des DAZ, Tel. 089/534552