Prof. Andreas Schulte wurde nach Witten-Herdecke berufen:

Prof. Andreas Schulte wurde nach Witten-Herdecke berufen:

7. Mai 2015

1982 wurde die Privatuniversität Witten-Herdecke (UW/H) gegründet, die sich auch nach über 30 Jahren noch als Pionier in der deutschen Bildungslandschaft versteht. Sie nutzt die durch ihre besondere Trägerkonstruktion gegebenen Freiheiten, um immer wieder innovative Projekte zu initiieren, die nicht nur den Austausch der verschiedenen unter ihrem Dach befindlichen Disziplinen voranbringen (z.B. gehören auch für Wirtschaftswissenschaftler oder Mediziner musische Fächer mit zum Pflichtkatalog), sondern auch die Vernetzung der Universität mit ihrer Umgebung, mit wirtschaftlichen, medizinischen und sozialen Versorgungs-Strukturen befördern.

Seit 1985 werden Zahnmediziner in Witten-Herdecke ausgebildet, seit 1987 werden im Rahmen von “Special Care” Behandlungsmöglichkeiten für behinderte Menschen angeboten. Inzwischen lernen an der Privatuniversität alle angehenden Zahnärzte auch den Umgang mit dieser Patientengruppe. Schon länger entwickelte sich der Wunsch, dem Bereich Behinderten-Zahnmedizin durch einen eigenen Lehrstuhl mehr Gewicht und mehr Freiraum für Forschung zu verschaffen. Es gelang, durch Stiftungsmittel die finanziellen Voraussetzungen zu sichern, und nun kann endlich der Startschuss gegeben werden. Der mit Prof. Dr. Andreas Schulte besetzte Lehrstuhl bietet die Chance, zum einen noch mehr medizinisch-fachliche Erkenntnisse für die adäquate Versorgung von Menschen mit Handicaps zu gewinnen. Das dürfte noch ein weites Feld sein, da unterschiedliche Behinderungen ihre jeweils speziellen Einflüsse auf die Mundgesundheit und auf die Selbsthilfefähigkeiten der betroffenen Menschen haben. Mit der Medizin und der Pflegewissenschaft als wichtigen Partnern unter demselben Dach und Schwerpunktaktivitäten wie z.B. einem multiprofessionellen Studiengang zum Umgang mit Menschen mit Demenz befindet sich der Lehrstuhl in guter Nachbarschaft.

Zum anderen sollen neben medizinischen auch gesundheitsökonomische Fragestellungen untersucht werden. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass zukünftig für besonders zeitaufwändige und medizinisch aufwändige Behandlungen von gesundheitlich eingeschränkten Menschen adäquate und von der Selbstverwaltung umsetzbare Honorierungsformen entwickelt werden.

Dem neuen Lehrstuhl und seinem Inhaber ist viel Erfolg zu wünschen und dass die Erkenntnisse aus Witten-Herdecke auch andernorts zu einer besseren Versorgung von Menschen mit Handicaps beitragen – findet

Irmgard Berger-Orsag, kontakt@daz-web.de

 

Lesen Sie nachfolgend die Pressemeldung der UW/H vom 07.05.2015:

Prof. Dr. Andreas Schulte ist erster Lehrstuhlinhaber für Behindertenorientierte Zahnmedizin in Deutschland – Software AG- und Mahle-Stiftung ermöglichen das Projekt im Rahmen eines Stiftungslehrstuhls an der Universität Witten/Herdecke

Die Universität Witten/Herdecke hat Prof. Dr. Andreas Schulte auf den bundesweit ersten Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin berufen. Der 59-Jährige hat an der Universität Münster Zahnmedizin studiert und war dort bis 1991 zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Oberarzt tätig. Danach wechselte er an die Universität Marburg in die Abteilung für Kinderzahnheilkunde, wo im Jahre 1996 seine Habilitation erfolgte. Im Jahre 1998 wechselte er als leitender Oberarzt an die Abteilung für Zahnerhaltung der Universität Heidelberg, wo er im Jahre 2002 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Obwohl Prof. Schulte in verschiedenen Abteilungen tätig war und auch eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie erfolgreich abschloss, hat er sich kontinuierlich dem Thema der Behandlung von Menschen mit Behinderungen gewidmet. Das ist einerseits ein Beleg für die Interdisziplinarität des Themas, zeigt aber auch, dass das Fach bisher in Deutschland nicht institutionell vertreten ist. “Über den Ruf aus Witten und die Einrichtung des Lehrstuhls habe ich mich sehr gefreut”, sagt Prof. Schulte. “Die zahnärztliche Behandlung von Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiges Thema, dem bisher auf universitärer Seite nicht genug Augenmerk geschenkt wurde. Durch die Schaffung des neuen Lehrstuhls wird das nun anders und das Thema erfährt die Aufmerksamkeit, die es auch verdient.”

Möglich machen dieses richtungsweisende Projekt die Software AG-Stiftung, die die Finanzierung des Stiftungslehrstuhls für fünf Jahre übernimmt, sowie die Mahle-Stiftung, die als Co-Förderer zunächst für ein Jahr im Boot ist.

Bereits im Jahr 1987 wurde an der ersten privaten Universität Deutschlands die Sektion “Special Care” ins Leben gerufen, die sich mit der Behandlung von Menschen mit Behinderungen befasst. Seit 2001 bildet die Uni alle angehenden Zahnärzte auch für die Behandlung von Patienten mit Behinderungen aus.

“Die zahnärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen ist leider immer noch unzureichend”, erläutert Prof. Schulte. Gründe seien mangelnde Behandlungskooperation, Angst vor der Behandlung und eine eingeschränkte Zahn- und Mundhygiene. “Einen angemessenen Umgang mit diesen Patienten lernt man normalerweise nicht im Zahnmedizinstudium. Wir möchten unseren Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert.”

Die UW/H hat die zahnmedizinische Versorgung von Menschen mit Behinderungen schon früh als wichtigen gesellschaftlichen Auftrag begriffen. Durchschnittlich werden hier jährlich rund 1.800 Patienten mit meist schweren Mehrfachbehinderungen behandelt. “Mit der Einrichtung des neuen Lehrstuhls möchten wir nicht nur die Qualität und Quantität der studentischen Lehre weiter verbessern, sondern das Thema vor allem auch beforschen und verbesserte Möglichkeiten zur akademischen Qualifikation, zu Promotionen und Habilitationen bieten”, sagt Prof. Stefan Zimmer, Leiter des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der UW/H. Schwerpunktmäßig sollen dabei zwei Themen behandelt werden: Programme zur Prävention und Therapie der wichtigsten oralen Erkrankungen Karies und Parodontitis sowie die Erarbeitung von Grundlagen für die Einbringung solcher Maßnahmen in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen. Prof. Zimmer: “Bislang gibt es kaum etablierte spezielle Präventionsprogramme für Menschen mit Behinderungen. Die Therapie erfolgt nach den gleichen Abrechnungsbestimmungen wie für Menschen ohne Behinderungen. Da Prävention und Behandlung bei Menschen mit Behinderungen in der Regel aber erheblich zeitintensiver und schwieriger sind, wird dieser Personenkreis aus wirtschaftlichen und fachlichen Gründen häufig nicht adäquat versorgt.” Aus diesem Grund solle der Lehrstuhl Konzepte entwickeln, die nicht nur den besonderen Bedürfnissen dieser Patientengruppe gerecht werden, sondern auch die ökonomischen Rahmenbedingungen verändern können. Im Kern gehe es darum, eine belastbare Datenbasis für die Realisierung einer verbesserten Leistungsabrechnung bei der Behandlung von Menschen mit Behinderungen zu realisieren.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Andreas Schulte, 02302 / 926-694 oder andreas.schulte@uni-wh.de, http://www.uni-wh.de