Offener Brief des DAZ zum DAK-Selektivvertrag im Rahmen des dent-net-Netzwerkes

an den Vorstand der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Herrn Prof. Herbert Rebscher

Köln, 8. September 2009

Sehr geehrter Herr Professor Rebscher,

der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde bittet Sie um eine Stellungnahme zu dem jüngsten Selektivvertrag der DAK. Dieser Vertrag soll unter dem Management der Firma Indento den Versicherten der DAK u.a. günstigen Zahnersatz der Firma Imex vermitteln. Zahnärzte, die sich bereit erklären, bei Imex arbeiten zu lassen und die Professionelle Zahnreinigung für pauschal 50 Euro anzubieten, bekommen von der DAK interessierte Patienten zugewiesen.

Den Vertragsabschluß zwischen der DAK und Indento(Imex) könnte man zu den „verzweifelten Marketinggags" der vom Gesetzgeber gegängelten Krankenkassen zählen, von denen Sie selber erst kürzlich kritisch gesprochen haben. Er könnte aber auch von wesentlich größerer Tragweite sein.

Bei nur 450 Zahnärzten im Netzwerk „dent-net" kann das Angebot von DAK und Indento gegenwärtig nur für einen verschwindend geringen Teil der Patienten überhaupt Realität werden und hat deswegen nur die Qualität eines Marketinggags. Allerdings muss man befürchten, dass bei massiver Werbung von Seiten der DAK die Patienten ihre Zahnärzte wechseln werden oder ihre Zahnärzte beeinflussen, diesem Netzwerk beizutreten. Es werden sich vermutlich auch Zahnärzte von sich aus dem Netzwerk anschließen, weil sie auf die Zuweisung von Patienten durch die DAK hoffen.

Das Angebot „Zahnersatz ohne Zuzahlung" ist wirklich nur ein Marketinggag, da es beschränkt ist auf die Regelversorgung mit dem Bonus für 10jährige ununterbrochene Vorsorgeuntersuchungen. Die Regelversorgung ohne Zuzahlung kann nur erbracht werden, wenn das Dentallabor seine üblichen Preise deutlich absenkt. Um diese Absenkung auszugleichen, werden vermutlich im Rahmen einer Mischkalkulation die anderen Preise so berechnet, dass dieser Verlust wieder ausgeglichen werden kann. Die Preise für Zahnersatz außerhalb des Angebotes „Zahnersatz ohne Zuzahlung" liegen bei Ihrem Partner Imex bereits heute deutlich über den Preisen anderer Anbieter für importierten Zahnersatz.

Preiswerten Zahnersatz können Ihre Versicherten auch jetzt schon bei jedem Zahnarzt erhalten, der bereit ist, importierten Zahnersatz einzugliedern.

Es ist auch zu befürchten, dass den Zahnärzten, wenn sich aufgrund gezielter Werbemaßnahmen erst eine dafür ausreichende Zahl zahnärztlicher Praxen im Griff des Indento-Netzwerkes befindet, eine Honorarabsenkung nicht nur für die Zahnreinigung abverlangt wird, sondern auch für den Zahnersatz. Somit kann sich ein Marketinggag zu einer gefährlichen Abwärtsspirale für die zahnärztliche Honorare entwickeln.

Die Zahnärzte des Netzwerkes müssen sich verpflichten, die „Professionelle Zahnreinigung" (PZR) zu einem Festpreis von 50 Euro zu erbringen, unabhängig von der Anzahl der vorhandenen Zähne und dem jeweils erforderlichen Zeitaufwand. Dieser Preis ist im voll bezahnten Gebiss im Allgemeinen nicht kostendeckend. Die PZR dürfte zu diesem Preis, da eine reine Werbemaßnahme, gar nicht erbracht werden. Sie bringen die Kollegen hiermit in eine berufsrechtliche Konfliktsituation.

Der Vertrag DAK-Indento (Imex) beendet in einem wichtigen Bereich die Therapiefreiheit des Zahnarztes, da dieser bei den „Netzwerkpatienten" ein bestimmtes Dentallabor empfehlen muss. Der Vertrag greift außerdem in seine Honorargestaltung (PZR) ein.

Die freie Arztwahl der Patienten wird von Ihrer Seite tendenziell eingeschränkt, weil sie von der DAK für eine Versorgung mit günstigem Zahnersatz zum Eintritt in das Netzwerk aufgefordert werden, dem nur bestimmte Zahnärzte angehören. Bestehende, auf guter Versorgungsqualität und Vertrauen beruhende Arzt-Patienten-Beziehungen werden auf diese Weise mit Blick auf einen unsicheren wirtschaftlichen Vorteil gefährdet.

Das Marketinginteresse der DAK, verbunden mit dem kommerziellen Interesse eines großen Dentallabors, hilft mit, die Axt an das System der ambulanten Behandlung durch niedergelassene Zahnärzte in freiberuflicher Berufsausübung zu legen.

Ob dieses Verhalten im langfristigen Interesse Ihrer Versicherten ist, darf bezweifelt werden. Die Versicherten in ein Netzwerk zu treiben, in dem eine profitorientierte Managementgesellschaft die Zahnärzte über Verträge steuert („Strukturverträge zur Steuerung der beteiligten Leistungserbringer"), damit sie Zahnersatz bei einem bestimmten Dentallabor anfertigen lassen, missbraucht letztlich das Vertrauen der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse. Während die Zahnärzte von der Firma Indento (Imex) gesteuert werden, werden die Versicherten von der DAK gesteuert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Celina Schätze
Stellv. DAZ-Vorsitzende

Mail celina.schaetze@web.de