Troisdorf, den 18. April 2012 – Der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) e.V., ein zahnärztlicher Berufsverband, wurde und wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für ihre Versicherten zahnmedizinische Sachleistungen von ausreichender Qualität zur Verfügung stellen muss – mit einer akzeptablen Honorierung für die Zahnärzte. Die aktuelle Kritik der Kassen (Presseerklärung vom 10.4.2012) an zahnärztlichen Privatabrechnungen und die Forderung nach Kontrollmöglichkeiten ist deplatziert angesichts der Tatsache, dass die Kassen die von ihnen jetzt beklagte Entwicklung selbst mit eingeleitet, sie in der gemeinsamen Selbstverwaltung mit beschlossen und in Form von Milliardeneinsparungen davon profitiert haben.
Bereits 1996 haben Gesetz- und Verordnungsgeber mit einer Mehrkostenregelung für die Füllungstherapie und ab 2005 mit einem Prothetik-Festzuschuss-System neue Regelungen geschaffen, nach denen Vertrags- und Privatleistungen miteinander kombiniert werden können: Über die Sachleistung hinausgehende oder andersartige Leistungen können privat in Rechnung gestellt werden. Beim Zahnersatz wurden die Kassen-Festzuschüsse an einem sehr eingeschränkten Versorgungsrahmen orientiert; zudem wurden im Rahmen der Novellierung der Kassen-Gebührenordnung BEMA verschiedene Leistungsausgrenzungen vorgenommen. An all diesen Neuregelungen waren die Gesetzlichen Krankenversicherungen ebenso wie die Zahnärzte beteiligt. Die Zunahme der privat zu zahlenden Anteile von Zahnbehandlungen war mit solchen Regelungen vorprogrammiert, und die gleichzeitige Einsparung von GKV-Mitteln im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung war Ziel der Politik und den Krankenkassen sehr willkommen.
In Deutschland gibt es – ganz im Gegensatz zu vergleichbaren Ländern – noch eine recht umfangreiche solidarisch finanzierte Basisversorgung. Allerdings scheinen die Kassen selbst von deren Qualität nicht sehr überzeugt zu sein, da sie für die Qualität dieser Leistungen nicht nur nicht werben, sondern sogar Sonderverträge abschließen für die Eröffnung von Zuzahlungsmöglichkeiten ihrer Versicherten. Dabei wird der Eindruck erweckt, als ob erst durch die zusätzlichen Privatleistungen ein Zugang der Kassenpatienten zu moderner Therapie möglich sei. Mit solchen Verträgen, mit Leistungsausgrenzungen und der Zahlung unzureichender Honorare für die Basisleistungen treiben die gesetzlichen Kassen die Entwicklung, gegen die sie sich in ihrer Pressemeldung und in einem gleichzeitig veröffentlichten Positionspapier wenden, selber aktiv voran. Erst die gesetzliche Versorgung abmagern zu lassen und dann Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten über die in den Privatsektor ausgelagerten Leistungen zu fordern, ist inkonsequent und ein populistisches Ablenkungsmanöver.
Die gestiegenen Eigenanteile sind überwiegend Ausdruck davon, dass Patienten nach modernen Versorgungsmöglichkeiten suchen, die mehr Ästhetik und Komfort versprechen, als ihnen die GKV zur Verfügung stellt. Wenn die GKV einen gestaltenden Einfluss in der zahnmedizinischen Versorgung ausüben will, ist nicht die Einmischung in die Preise der vom Patienten zusätzlich gewünschten Privatleistungen das Mittel der Wahl, sondern das Eintreten für den Erhalt und die Fortentwicklung einer medizinisch begründeten, modernen Möglichkeiten entsprechenden, qualitätsgesicherten Basisversorgung. Dazu gehören auch transparente Entscheidungswege beim Ein- und Ausschluss von Leistungen.
Der DAZ fordert eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Angemessenheit und den Indikationsrahmen von Behandlungen, eine kritische Betrachtung des Gesundheitsnutzens der verschiedenen Versorgungsmöglichkeiten. Wir brauchen eine medizinische Diskussion zur Definition des Ausreichenden und Wirtschaftlichen. Dabei muss auch die Wirtschaftlichkeit in den Praxen, die Basisversorgungen anbieten, eingeschlossen sein, mithin also die angemessene Honorierung der Basisleistungen.
Dass manche Rechnung zu kritisieren ist, trifft zwar zu, ist aber – versorgungspolitisch betrachtet – das weitaus kleinere Problem und geht die Krankenkassen nicht direkt etwas an. Wenn mehr Kontrolle im „Markt" gewünscht wird, dann kann die sinnvollerweise nur über mehr Aufklärung, Beratung und Begutachtung erfolgen, weil es um Versorgungsfragen gehen muss. Hier wartet auf die Krankenkassen ein durchaus anspruchsvolleres Arbeitsfeld als das Kontrollieren von Rechnungen, aber auch auf die zahnärztlichen Körperschaften und die Politik.
Anprechpartner:
Dr. Celina Schätze, DAZ-Vorsitzende;
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Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ)
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