In den letzten Jahrzehnten greifen immer wieder Ärzte zur Feder (bzw. zum Laptop), nicht um Fachbücher zu schreiben, sondern um sich zu problematischen Entwicklungen in unserem Gesundheitssystem zu äußern. Dabei kommen erschütternde Beispiele zur Sprache, insbesondere aus dem Klinikbereich, wo die Ärzte vielfach unter strengen ökonomischen Vorgaben ihrer Vorgesetzten und der Klinikadministration stehen und ihren Arbeitsplatz riskieren, wenn sie eine menschenwürdige und indikationsgerechte Patientenversorgung umsetzen wollen.
Dr. Michael de Ridder, lange Jahre Chefarzt eines Berliner Klinikums, legt in seinem Buch „Welche Medizin wollen wir?“ eine eindringliche Analyse der Missstände vor, benennt aber auch Alternativen und Verbesserungsvorschläge.
In der Zahnmedizin spielt sich das meiste ambulant, in den Praxen niedergelassener Zahnärzte, ab. Der Praxisinhaber ist sein eigener Herr, allerdings ebenfalls ökonomischen Zwängen und zahlreichen Vorgaben von außen unterworfen. Hinzu kommen die wachsende Konkurrenz untereinander und der Zeitgeist-Einfluss, dem zufolge aus dem Patienten ein Kunde wird und statt der Sorge um seine Gesundheit Werte wie Modernität, attraktives Äußeres, Selbstoptimierung, Wellness in den Vordergrund rücken.
Grund genug, sich immer wieder zu besinnen darauf, welche Medizin oder Zahnmedizin man praktizieren will, und sich ggf. darüber auch mit Kollegen auszutauschen. Unter anderem diesem Ziel diente das Projekt Qualitätssicherung des DAZ und dienen auch viele weitere Aktivitäten des DAZ.
Ähnliches verfolgt de Ridder mit seinem Buch. Sein Anliegen ist es,„der auf vielen Feldern der Medizin zu beobachtenden professionellen und ethischen Erosion Einhalt zu gebieten. Diesen Prozess aufzuhalten, die Medizin vielmehr zukunftsfest zu machen und ihrem zentralen, heute oftmals schmerzlich vermissten Prinzip der Menschlichkeit in seinen vielfältigen Erscheinungsformen innerhalb des Medizinbetriebs künftig mehr Geltung zu verschaffen – kurz: den Menschen von der Peripherie der Medizin wieder in ihr Zentrum zu rücken“.
Michael de Ridder: „Welche Medizin wollen wir? Warum wir den Menschen wieder in den Mittelpunkt ärztlichen Handelns stellen müssen“
Gebunden, 304 Seiten, Deutsche Verlagsanstalt, DVA Sachbuch, München März 2015, 19,99 Euro, ISBN: 978-3-421-04624-6; eBook, 15,99 Euro, ISBN: 978-3-641-12357-4